Was für ein Saisonfinale in den USA: Beim Petit Le Mans auf dem Traditionskurs Road Atlanta hat Porsche am Samstag den ersten Gesamtsieg bei dem Langstreckenklassiker geholt und sich mit diesem historischen Erfolg alle Meistertitel in der Klasse GTLM der United SportsCar Championship gesichert. Bei teilweise sintflutartigem Regen gewannen Patrick Pilet (Frankreich), Nick Tandy (Großbritannien) und Richard Lietz (Österreich) mit dem von Porsche North America eingesetzten 470 PS starken Porsche 911 RSR, der auf der siebten Generation der Sportwagenikone 911 basiert, gegen alle deutlich leistungsstärkeren und leichteren Sportprototypen. Es war der erste Gesamtsieg eines seriennahen GT-Fahrzeugs in der bedeutendsten Sportwagenrennserie auf dem nordamerikanischen Kontinent.
Aller guten Dinge sind vier: Patrick Pilet und Nick Tandy erkämpften sich nach Bowmanville, Road America und Virginia den vierten Saisonsieg mit dem 911 RSR. Der Erfolg bei diesem neben Daytona und Sebring wichtigsten Langstreckenklassiker in den USA markiert für die Porsche-Werksfahrer einen Meilenstein in ihrer Karriere: Der Franzose sicherte sich damit den Gewinn der Fahrerwertung in der United SportsCar Championship, dem Briten ist damit das Kunststück gelungen, mit Porsche in einem Jahr sowohl die 24 Stunden von Le Mans als auch das Petit Le Mans zu gewinnen – und das in zwei verschiedenen Klassen.
Der Auftakt der 18. Auflage des Petit Le Mans stand ganz im Zeichen der spektakulären Aufholjagd der 911 RSR von Porsche North America. Obwohl er sich im Qualifying tags zuvor die Pole-Position gesichert hatte, musste Earl Bamber ebenso vom Ende des Feldes starten wie Nick Tandy. Am 911 RSR des Neuseeländers musste nach seinem Ausritt im Qualifying über Nacht das Chassis getauscht werden. Beim Elfer des Briten, der die zweitschnellste Zeit gefahren war, wurde bei der technischen Abnahme eine zu geringe Bodenfreiheit festgestellt. Laut Reglement wurden die Le-Mans-Sieger in der Startaufstellung deshalb ganz nach hinten versetzt. Allerdings nicht für lange: Earl Bamber startete von Position 32, lag nach einer Runde auf Platz 25 und war nach zwei Runden schon Sechster in der Klasse GTLM. In seinem Windschatten pflügte Nick Tandy erst durch das Feld der GTD-Fahrzeuge und war danach auch von der GTLM-Konkurrenz nicht aufzuhalten: Nach 16 Runden ging er in Führung und fuhr dabei schon zu diesem Zeitpunkt teilweise schnellere Rundenzeiten als die wesentlich leistungsstärkeren Sportprototypen.
Davor war das Rennen bereits nach zwei Runden durch die erste Safety-Car-Phase unterbrochen worden. Die regenüberflutete Strecke bereitete zahlreichen Piloten aus allen Klassen größere Probleme. Der Veranstalter schickte Spezial-Trucks auf die Strecke, die mit riesigen Turbinen die Wassermassen von der Piste zu blasen versuchten. Die Sturzbäche, die sich durch den nicht nachlassenden Regen an vielen Stellen bildeten, bekam man mit diesen Maßnahmen jedoch immer nur für kurze Zeit in den Griff. Der Regen wurde im weiteren Rennverlauf immer stärker, die Bedingungen immer schwieriger.
Nach einer Stunde übernahm Nick Tandy erstmals für einige Runden die Gesamtführung. Earl Bamber musste derweil einen ersten unfreiwilligen Boxenstopp einlegen: Weil die Wassertemperatur in seinem 911 RSR zu hoch wurden, musste Klebeband vom Kühler entfernt werden. Der zweite Stopp resultierte aus einem Reifenschaden – die Spätfolge eines Zwischenfalls aus der Startrunde, als ihm beim Überholen ein GTD-Fahrzeug in die Quere gekommen war. Weil er gezwungenermaßen in die Boxengasse einbog, als das eigentlich noch nicht erlaubt war, erhielt er eine 60-Sekunden-Stopp-and-Go-Strafe. Dadurch verlor er vier Runden und damit jede Chance auf den Sieg. Im Ziel wurde er als Achter in der GTLM-Klasse gewertet.
Der 911 RSR mit der Startnummer 911, der auf der regenüberfluteten Strecke von seiner hervorragenden Traktion dank seines Heckmotorkonzepts profitierte, setzte dagegen seine starke Performance auch mit Patrick Pilet am Lenkrad fort. Zwischen der 135. und der 152. Runde gehörte dem Franzosen sogar die Gesamtführung.
Als der Regen zwischenzeitlich noch heftiger wurde, half auch der unermüdliche Einsatz der Streckenarbeiter nichts mehr, die mit Hilfe von Drainagen der Wassermassen Herr zu werden versuchten. Nach 5 Stunden und 21 Minuten musste das Rennen mit der roten Flagge unterbrochen werden. Über eine Stunde standen die Fahrzeuge wie an einer Perlenschnur aufgereiht in der Boxengasse, bevor das Feld schließlich auf zwei Einführungsrunden hinter dem Safety-Car zurück auf die Strecke geschickt wurde. Der führende Patrick Pilet übergab den 911 RSR unter Gelb wieder an Nick Tandy. Als das Rennen freigegeben wurde, fuhr dieser vom vierten auf den dritten Platz vor, bevor seine Aufholjagd durch die insgesamt neunte Safety-Car-Phase gebremst wurde. Aufhalten ließ er sich dadurch aber nicht. Gleich in der ersten Runde nach dem Re-Start setzte er sich an die Spitze seiner Klasse und übernahm nach 190 Runden auch die Gesamtführung, die er danach nicht mehr aus der Hand gab. Weil sich die Bedingungen weiter verschlechterten, wurde das auf zehn Stunden angesetzte Rennen nach einer weiteren Safety-Car-Phase nach 7:51 Stunden und 199 gefahrenen Runden abgebrochen.
Das Petit Le Mans war das letzte Rennen des amerikanischen Porsche-Kundenteams Falken Tire. Mit Wolf Henzler (Nürtingen) und Bryan Sellers (USA) feierte Falken Tire zahlreiche Erfolge in der American Le Mans Series und in der United SportsCar Championship, darunter 2013 und 2014 Klassensiege beim Petit Le Mans sowie in dieser Saison beim Sechsstundenrennen in Watkins Glen. Im Abschiedsrennen lag der blau-grüne 911 RSR mit der Startnummer 17 streckenweise auf dem zweiten Klassenrang und kam schließlich als Siebter ins Ziel.
Einen Doppelsieg feierten Porsche-Kundenteams mit dem Porsche 911 GT America in der Klasse GTD. Den Sieg holten die Amerikaner Patrick Lindsey, Spencer Pumpelly und Madison Snow für Park Place Motorsports. Zweite wurden die für Magnus Racing startenden John Potter und Andy Lally (beide USA) zusammen mit Robert Renauer (Jedenhofen).
Stimmen zum Rennen Dr. Frank-Steffen Walliser, Porsche-Motorsportchef: „Wir haben heute Geschichte geschrieben. Porsche gewinnt zum ersten Mal das Petit Le Mans, holt den ersten Gesamtsieg eines GT-Fahrzeugs bei diesem Klassiker, wir gewinnen alle drei Meistertitel und auch noch die Klasse GTD – besser kann ein Rennen unter solch schwierigen Bedingungen nicht ausgehen. Nick und Patrick waren über die gesamte Distanz absolut fehlerfrei, das hat keiner unserer Konkurrenten geschafft. Was Nick im letzten Stint an Klasse gezeigt hat, dafür fehlen mir die Worte. Ein großes Dankeschön an unser Kundenteam Falken Tire für die großartige Zusammenarbeit in den letzten Jahren.“
Marco Ujhasi, Gesamtprojektleiter GT Werksmotorsport: „Ein Gesamtsieg mit dem 911 RSR beim Petit Le Mans ist ein unglaublicher Erfolg. Für das ganze Team ist es der verdiente Lohn für die harte Arbeit der letzten Monate. Nach Le Mans steckten wir in einem Tief. Wie wir uns daraus befreit haben, ist allein schon ein toller Erfolg. Das alles jetzt auch noch mit diesem Gesamtsieg zu krönen, ist schlichtweg unbeschreiblich.“
Patrick Pilet (Porsche 911 RSR #911): „Was für ein wundervoller Tag. Dieses Rennen zu gewinnen und damit die Meisterschaft, ist ein fantastischer Erfolg für das ganze Team. Es war so schwierig heute, das Auto überhaupt auf der Strecke zu halten, doch alle im Team sind an ihre Grenzen gegangen und haben mit ihrem unermüdlichen Einsatz über die gesamte Saison hinweg diesen Erfolg ermöglicht. Wir mussten von ganz hinten starten, doch Nick ist einen fantastischen ersten Stint gefahren und hat damit die Grundlage geschaffen für diesen unglaublichen Sieg. Richard ist ein toller Teamkollege, dessen Unterstützung uns an diesem Wochenende bei der Abstimmung des Autos sehr geholfen hat. In so einem Rennen ist es wichtig, dass du bereit bist, auch unter schwierigsten Bedingungen Verantwortung zu übernehmen. Das habe ich heute getan.“
Nick Tandy (Porsche 911 RSR #911): „Der letzte Stint, als der Regen immer stärker wurde, war der härteste, den ich je in meiner Karriere gefahren bin. So sehr musste ich mich noch nie konzentrieren. Es ist natürlich schade, dass das Rennen vorzeitig beendet werden musste, doch es war die richtige Entscheidung. Am Ende wurde es einfach zu gefährlich. Das große Le Mans und das kleine Le Mans in einem Jahr zu gewinnen, ist der Traum jedes Rennfahrers und bedeutet mir unglaublich viel.“
Richard Lietz (Porsche 911 RSR #911): „Mein Glückwunsch an Porsche North America und ganz besonders natürlich an Patrick zum Gewinn der Meisterschaft. Den Titel bei so einem Rennen zu holen, macht ihn nur noch wertvoller.“
Earl Bamber (Porsche 911 RSR #912): „Glückwunsch an unsere Teamkollegen mit der Startnummer 911 und an Porsche zu diesem grandiosen Erfolg. Es war unglaublich schwierig heute. Leider lief es für uns nicht ganz so gut. Wir hatten einen tollen Start und konnten bis auf den dritten Platz nach vorne fahren. Doch dann hatte ich einen Reifenschaden. Wir mussten an die Box, bekamen später auch noch eine Stop-and-Go-Strafe. Für uns ging heute eigentlich alles schief, was nur schief gehen konnte. Doch der Erfolg von Porsche überstrahlt alles.“
Jörg Bergmeister (Porsche 911 RSR #912): „Heute ging es über weite Strecken vor allem darum, das Auto auf der Strecke zu halten. Trotz eines guten Starts war das nicht unser Rennen, dafür haben unsere Teamkollegen das scheinbar Unmögliche geschafft und den Gesamtsieg geholt. Das ist ein Mega-Ergebnis für Porsche. Dazu herzlichen Glückwunsch.“
Frédéric Makowiecki (Porsche 911 RSR #912): „Ein sehr schwieriges Rennen. Insgesamt zehn Safety-Car-Phasen und schließlich der Rennabbruch sprechen eine deutliche Sprache. Für uns war es ein Tag zum Vergessen, obwohl wir anfangs ganz gut mit dabei waren. Ich gratuliere meinen Teamkollegen zu ihrem tollen Erfolg. Es ist schließlich das erste Mal, dass ein GT-Fahrzeug den Gesamtsieg beim Petit Le Mans holt.“
RennergebnisPunkteendstand Klasse GTLM nach 10 Rennen Fahrer 1. Patrick Pilet, Porsche, 315 Punkte 2. Bill Auberlen, Dirk Werner, BMW, 305 3. Jan Magnussen, Antonio Garcia, Chevrolet, 295 4. Pierre Kaffer, Giancarlo Fisichella, Ferrari, 293 5. John Edwards, Lucas Luhr, BMW, 291 6. Jörg Bergmeister, Porsche, 276 7. Wolf Henzler, Bryan Sellers, Porsche, 268 9. Nick Tandy, Porsche, 255 10. Earl Bamber, Porsche, 225 12. Frédéric Makowiecki, Porsche, 103
Hersteller 1. Porsche, 325 Punkte 2. BMW, 319 3. Chevrolet, 304 4. Ferrari, 302 Teams 1. #911 Porsche North America, 315 Punkte 2. #25 BMW Team RLL, 305 3. #3 Corvette Racing, 295 4. #62 Risi Competizione, 295 5. #24 BMW Team RLL, 291 6. #912 Porsche North America, 276 7. #17 Team Falken Tire, 268 8. #4 Corvette Racing, 261Pressemitteilung Porsche
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