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FIA WEC – Titelkampf mit 300 km/h am Fuße des Heiligen Vulkans

Porsche sieht dem siebten von neun Läufen zur FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC mit Hochspannung entgegen: Auf dem Fuji International Speedway am Fuße des höchsten Bergs Japans könnte am 15. Oktober eine vorzeitige Titelentscheidung fallen. Mit einer 1,5 Kilometer langen Geraden verdient die Rennstrecke den Nachnamen „Speedway“: Abhängig von ihrer aerodynamischen Konfiguration werden die Le-Mans-Prototypen von Toyota und Porsche dort teilweise über 300 km/h schnell sein. Der kurvige weitere Streckenverlauf bildet einen harten Kontrast und verlangt komplizierte Abstimmungskompromisse. Das Wetter rings um den perfekt geformten Vulkankegel des 3.776 Meter hohen Fuji-san kann noch spätsommerlich warm oder auch schon herbstlich unbeständig sein.

Sollte es den Tabellenführern Earl Bamber (NZ), Timo Bernhard (DE) und Brendon Hartley (NZ) gelingen, mit ihrem Porsche 919 Hybrid vor den bestplatzierten Toyota-Fahrern ins Ziel zu kommen, wären sie die neuen Fahrer-Weltmeister. Sie liegen mit 159 Punkten an der Tabellenspitze vor Kazuki Nakajima (JP) und Sébastien Buemi (CH) mit 108 Zählern. Die Fahrer des zweiten Porsche 919 Hybrid, der amtierende Weltmeister Neel Jani (CH), André Lotterer (DE) und Nick Tandy (GB), sind mit 83 Punkten Tabellenvierte. Gelänge Porsche in Japan gar der vierte Doppelsieg dieser Saison, wären die Zuffenhausener auch Hersteller-Weltmeister – im dritten Jahr in Folge. Doch Toyota gilt als Favorit beim Heimrennen. Nach sechs von neun Läufen hat Porsche 242 Punkte gesammelt, Toyota 168,5.

Fritz Enzinger, Leiter LMP1, ist kein Freund solcher Rechenspiele: „Arithmetik hilft nicht weiter bei einem Sechsstundenrennen. Die lange Gerade in Fuji wird unseren Motoren alles abverlangen, und der Überrundungsverkehr in den kurvenreichen Passagen birgt permanent hohe Risiken. Wir sind auf Kurs, unsere beiden WM-Titel 2017 erneut zu verteidigen und sollten besonnen bleiben. Wir haben in der bisherigen Karriere des Porsche 919 Hybrid immerhin 59 von 64 möglichen Zielankünften erreicht. Die Distanz zu bewältigen, ist immer die Basis.“

Das Rennen in Japan wird am Sonntag um 11:00 Uhr Ortszeit (04:00 Uhr MESZ) gestartet und kann via Internet und TV weltweit verfolgt werden.

Der Porsche 919 Hybrid

Der Le-Mans-Prototyp der Klasse 1 (LMP1) entwickelt rund 900 PS (662 kW) Systemleistung aus einem kompakten Zweiliter-V4-Turbobenziner (knapp 500 PS/368 kW) in Kombination mit zwei verschiedenen Rückgewinnungssystemen – Brems-energie von der Vorderachse und Abgasenergie. Während der Verbrenner die Hinterachse antreibt, wirkt beim Boosten ein E-Motor mit über 400 PS (294 kW) an der Vorderachse. Als Zwischenspeicher für den aus Brems- und Abgasenergie gewonnenen elektrischen Strom dient eine flüssigkeitsgekühlte Lithium-Ionen-Batterie.

Das Porsche LMP Team vor dem Rennen in Japan

Teamchef Andreas Seidl: „Hinsichtlich der Aerodynamik-Konfiguration stellt der Fuji Speedway widersprüchliche Anforderungen an einen Rennwagen. 1,5 der 4,5 Kilometer langen Runde geht es schnurgeradeaus, da ist minimaler Luftwiderstand gefragt. In den 16 Kurven wird dagegen Anpressdruck verlangt. Das Reglement lässt zwei Aero-Pakete pro Saison zu: Es gibt ein Le-Mans-Paket für geringen Luftwiderstand und eines für hohen Anpressdruck. Nach ausgiebiger Datenanalyse und Simulation werden wir uns auf unser High-Downforce-Paket konzentrieren und dieses innerhalb der vorgegebenen Möglichkeiten auf mittleren Abtrieb trimmen.“

Fahrer Porsche 919 Hybrid Startnummer 1 Neel Jani (33, Schweiz): „Unser erstes Asien-Rennen 2017 wird extrem schwierig. Toyota hat in Austin ganz klar wieder Stärke gezeigt, und beim Heimrennen in Japan trumpfen sie traditionell noch einmal richtig auf. Ich vermute, dass sie uns auf der Geraden überlegen sein werden. 2016 war es sowohl im Qualifying als auch im Rennen extrem knapp in Fuji. Nach sechs Stunden kamen die Prototypen von drei Herstellern innerhalb von 17 Sekunden ins Ziel. Worauf ich mich auch freue: Der Blick von der Strecke auf den Mount Fuji ist wunderschön.“

André Lotterer (35, Deutschland): „In Fuji hatte ich 2003 ein einschneidendes Erlebnis: Damals bin ich nach einem Formel-Nippon-Test gleich für drei Jahre geblieben und habe in Gotemba gewohnt. Ich fahre ja auch heute noch in der japanischen Super Formula und wohne mittlerweile in Tokio. Ich mag Japan sehr und habe mich entsprechend gefreut, als Fuji 2012 in den WEC-Kalender kam. Die Fans sind großartig und wissen extrem gut Bescheid. Der Fuji Speedway ist eine tolle Rennstrecke in einer wunderbaren Landschaft. Die beiden schnellen Kurven zwei und drei mag ich besonders. Ich habe in Fuji leider noch nie mit einem LMP1 gewonnen. Es wird jetzt dringend Zeit, das nachzuholen.“

Nick Tandy (32, Großbritannien): „Die Rennstrecke in Fuji ist für mich eine Ikone, und Japan hat eine große Motorsporttradition – dieser WM-Lauf hat einen sehr hohen Stellenwert in der Weltmeisterschaft. Ich freue mich auf die vielen und enthusiastischen Fans. Wir haben einen Lokalmatador im Auto, und ich hoffe, Neel und ich können von Andrés Beliebtheit etwas profitieren.“

Fahrer Porsche 919 Hybrid Startnummer 2 Earl Bamber (27, Neuseeland): „Ich habe gemischte Erinnerungen an Fuji: 2014 habe ich dort beide Rennen zum Carrera Cup Asia gewonnen; 2015 im WEC-Rennen hat mich ein Audi rausgekegelt. Aber so oder so genieße ich es sehr, in Japan zu fahren und bin ein großer Fan der japanischen Kultur. Uns erwartet bestimmt ein hartes Wochenende mit starker Konkurrenz von Toyota. Viel wird davon abhängen, wie gut der Spagat zwischen viel und wenig Abtrieb gelingt. Meine Lieblingsstelle auf dem Fuji Speedway ist die lange Rechtskurve 100 R im Mittelsektor.“

Timo Bernhard (36, Deutschland): „Die Rennsportkultur in Japan und die Sachkundigkeit der Fans sind klasse. Wir bekommen sogar immer kleine Geschenke. Sportlich wird es hart gegen Toyota und spannend, welches Fahrzeugkonzept sich durchsetzt und wer den besten Kompromiss für die verschiedenen Streckenanforderungen findet. Die Sektoren eins und zwei sind sehr schnell. Die Start-und-Ziel-Gerade ist die längste der Saison, und die Bergab-Passage nach Kurve sechs geht auch mit Vollgas. In Sektor drei hingegen sind reihenweise enge Kurven miteinander verknüpft. Dieser Abschnitt ist auch entscheidend für den Reifenverschleiß.“

Brendon Hartley (27, Neuseeland): „Wir freuen uns alle auf Japan. Toyota hat das Rennen im vergangenen Jahr gewonnen, und ich habe das Gefühl, dass sie auch diesmal mit mächtig Power zum Heimrennen antreten werden. Wir werden absolut unser Bestes geben müssen, wenn wir unseren fünften Saisonsieg holen wollen.“

Zeitplan (Angaben in Ortszeit): Freitag, 13. Oktober 2017 11:00-12:30 Uhr 1. Freies Training 15:30-17:00 Uhr 2. Freies Training Samstag, 14. Oktober 2017 10:30-11:30 Uhr 3. Freies Training 15:00-15:20 Uhr Qualifying LMP1 & LMP2 Sonntag, 15. Oktober 2017 11:00-17:00 Uhr Rennen

TV und Livestream (Angaben in MESZ): – Kostenfreier Livestream unter www.sport1.de: Sonntag, 03:30-10:30 Uhr – Sport 1, Free TV: Sonntag, Rennen, 06:00-08:00 Uhr, Ergebnis ca. 10:30 Uhr, Highlights von Mitternacht bis 01:00 Uhr – Motorsport.TV, Pay TV, live mit deutschem Kommentar, 03:45-10:15 Uhr – Eurosport 1, Free TV: Sonntag, Highlights und Schlussphase des Rennens am Sonntag live ab 09:00 Uhr.

– Die offizielle FIA WEC App ist in der Basis kostenlos und bietet gegen Gebühr eine erweiterte Version inklusive Livestream des kompletten Rennens und Zeitnahme. Der Livestream wird betreut und kommentiert vom FIA WEC TV-Team inklusive der Live-Interviews aus den Boxen.

Zahlen und Fakten: – Das Effizienzreglement der WEC begrenzt die Energiemenge, die der Porsche 919 Hybrid pro Runde einsetzen darf. Auf dem 4,56 Kilometer langen Fuji International Speedway sind es 4,15 Megajoule elektrische Energie aus den Rückgewinnungssystemen und 1,606 Liter (1,163 Kilogramm) Benzin.

– Bei normalem Rennbetrieb muss der 919 alle 37 Runden tanken.

– Betankung und Reifenwechsel dürfen nur nacheinander durchgeführt werden. Beim Radwechsel dürfen nur vier Mechaniker gleichzeitig arbeiten. Es darf auch nur ein Schlagschrauber zur Zeit eingesetzt werden. Der Boxenstopp dauert also viel länger als etwa in der Formel 1.

– Fahrerwechsel erfolgen normalerweise, wenn neue Reifen gebraucht werden.

– Die Reifenauswahl umfasst drei unterschiedlich harte Mischungen Slicks für trockene Strecke, einen ebenfalls profillosen Hybrid-Reifen mit weicherer Lauffläche für gemischte Bedingungen sowie Regenreifen. Es stehen vier Sätze Trockenreifen pro Fahrzeug für Qualifying und Rennen zur Verfügung. Das sind zwei Sätze weniger als 2016.

– Eine Runde auf dem Speedway hat zehn Rechts- und sechs Linkskurven.

– Die 1966 eröffnete Strecke galt bis zu ihrer Modernisierung 2005 als besonders gefährlich. 1976 und 1977 wurde dort der Große Formel-1-Preis von Japan ausgetragen. 1976 gab Niki Lauda bei Starkregen auf, wodurch James Hunt Weltmeister wurde. Im Folgejahr ereignete sich ein schwerer Unfall. Erst 2007 und 2008 gastierte die Formel 1 wieder auf dem neuen Kurs.

– Von 1982 bis 1988 hatte die Sportwagen-WM einen Lauf in Fuji. 1983 fuhr Stefan Bellof in einem Porsche 956 die schnellste dort je gemessene Runde in 1:10.02 Minuten – allerdings auf dem alten Kurs, der nur 4.360 km lang war.

– Der Mount Fuji ist ein nicht erloschener Vulkan (letzte Eruption 1707) und mit 3.776 Metern der höchste Berg Japans. Er gilt als heilig.

– Die Rennstrecke liegt rund 100 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tokio auf der japanischen Hauptinsel Honshu.

Rückblick: – Im Qualifying 2016 belegten Timo Bernhard und Mark Webber (AU), der bei diesem Rennen das Ende seiner Fahrerkarriere erklärte, Platz zwei. Der Durchschnitt ihrer beiden schnellsten Runden im 919 Hybrid betrug 1.23,595 Minuten. Neel Jani und Marc Lieb (DE) qualifizierten das Schwesterauto für den sechsten Startplatz (Durchschnitt 1.24,134 Minuten). Die absolut schnellste Qualifyingrunde fuhr Kamui Kobayashi im Toyota (1.23,239 Minuten). Die Poleposition belegte Audi mit einem Durchschnitt von 1.23,570 Minuten.

– Bernhard/Hartley/Webber kamen nach einem extrem spannenden Rennen auf Rang drei ins Ziel. Dumas/Jani/Lieb, die späteren Weltmeister, belegten Platz fünf. Sieger wurden nach 244 Runden auf konstant trockener Strecke und bei Temperaturen um 20 Grad Celsius Mike Conway, Kamui Kobayashi und Stéphane Sarrazin im Toyota.

Alle Punktestände: http://www.fiawec.com/en/season/result Alle Ergebnisse: http://fiawec.alkamelsystems.com

Pressemitteilung Porsche

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